Buch-Empfehlung Lesen

Buchempfehlung #11: „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“

Eines der besten theologischen Bücher, das ich bislang gelesen habe. Vielleicht gerade weil es kein christliches Buch ist und von keinem Christen geschrieben wurde. Der Autor Navid Kermani ist Moslem und schreibt seiner 12jährigen Tochter ein Buch – über seinen Glauben, Gott, die verschiedenen Religionen und ja, eigentlich mal so eben über nicht weniger als das Leben. #Buchempfehlung

Ich habe dieses Buch geschenkt bekommen. Mit den Worten: „Mich interessiert sehr, was du darüber denkst“. Dann lag es eine Weile in meinem Regal. Und dann habe ich es innerhalb von 1 1/2 Tagen durchgesuchtet.

Natürlich sind Bücher auch immer Geschmackssache. In diesem Fall ist es rein stilistisch voll mein Geschmack. Ich finde es sprachlich hervorragend. Die Worte haben eine regelrechte Melodie, einen Rhythmus ganz häufig – es hat etwas poetisches. Ohne Poesie zu sein.

Der Kniff funktioniert für mich

Auch die Grundidee des Buches: aus meiner Sicht grandios! Ob das nun alles wirklich so geschehen ist… aber der Aufbau ist im Prinzip: der Autor Navid Kermani schreibt am Vormittag an seinem diesem Buch. Gegen Mittag kommt seine 12jährige Tochter von der Schule und der Nachmittag gehört ihr bzw. anderen nicht genannten Verpflichtungen. Am Abend besprechen Vater und Tochter, was am Vormittag so produziert wurde. Am nächsten Vormittag werden diese Gespräche im nächsten Kapitel wieder aufgegriffen.

Dadurch entsteht ein dialogisches Buch. Es ist nicht an mich oder dich, sondern an die Tochter geschrieben. Dadurch entsteht aber keine Distanz, sondern aus meiner Sicht sogar besondere Nähe. Was auch gut so ist, denn das Buch ist sehr persönlich und biografisch geprägt.

Wer, was, wie und wo ist Gott?

Die Sprache ist leicht, immer wieder finden sich Witz und Selbstironie. Dabei geht es eigentlich um die großen philosophischen und theologischen Themen. Es geht um Gott. Um den Glauben. Um die verschiedenen Religionen. Und ja: im Mittelpunkt steht der Islam. Alle paar Seiten werden Suren aus dem Koran zitiert. Aber es wird auch klar: Kermani kennt sich nicht nur oberflächlich mit anderen Religionen aus. Zumindest beim Christentum kann ich sagen: ich kann ihm nicht vorwerfen, dass er sich nicht ausreichend oder nur oberflächlich mit „meiner“ Religion auseinandergesetzt hätte. Das soll heißen: ich fühle mich sozusagen wertgeschätzt als „Andersgläubiger“.

Kermani ist sicherlich ein sehr liberaler Moslem. Er schreibt selbst, dass er vermutlich in einer klaren Minderheit ist. Deshalb werden sowohl alle sog. „Konservativen“ das Buch sicherlich mies finden. Auch ich finde nicht alles gut. Ja: so manche Grundsätze von Kermani sehe ich sogar anders. Allein: das macht es aus meiner Sicht ja zu keinem schlechten Buch. Und noch viel wichtiger: hier redet jemand von Gott. Auf eine Art stellt Kermani seine „Lehre“ von Gott da, sein Verständnis wie das mit Gott so sein könnte.

Das vielleicht beste theologische Buch?

Deshalb ist es für mich ein theologisches Buch (Theologie heißt wörtlich Rede/Lehre von Gott). Und ich habe wirklich selten ein so leichtes, nicht belehrendes und zugleich weises theologisches Buch gelesen. Nein, am Ende kommt nicht raus, welche Religion die beste ist. Und welcher Gott der richtige ist. Kermani muss man eher bei denen verorten, die letztlich von einem einzigen Gott ausgehen, auf den sich alle Religionen beziehen. Genau an dem Punkt würde ich mit ihm bestimmt dann anfangen zu diskutieren. Aber kurioserweise hatte ich zu keinem Zeitpunkt Widerworte zu geben. Immer wenn mir ein „aber“ auf der Zunge lag, dann merkte ich schnell, dass Kermani meinen Einwand schon kannte und gut damit umzugehen wusste.

Weniger Antworten, mehr Fragen

„Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott.“ – so lautet der gesamte Titel. Ich verstehe ihn so: Kermani fordert uns alle auf, von dem Standpunkt den wir vertreten, einen Schritt näher aufeinander zuzugehen.

Kermani gibt gar nicht so viele Antworten, er lässt Fragen auch einfach stehen. Deshalb passt „Fragen nach Gott“ als Untertitel des Buches hervorragend. Aber am wichtigsten finde ich wirklich den Titel und das (aus meiner Sicht) Grundanliegen des Buches: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.

Das sollte einfach jede:r gelesen haben!

Deshalb teile ich die Meinung von der Person, die mir das Buch geschenkt hat: eigentlich sollte jede:r Pastor:in dieses Buch gelesen habe. Und ich würde weitergehen: ich glaube ganz ernsthaft, dass jeder Mensch, der sich mit Religion beschäftigt, sich für religiös hält, gerne mehr über Religion und Glauben wissen möchte, aber auch ganz besonders all diejenigen, die Religion und Glaube ablehnen oder verteufeln – ach weißt du was: das Buch sollte einfach jeder mal gelesen haben. Neue Pflichtlektüre für die Schule! Das wär doch was.

So, genug meiner Rede. Das Buch gibts überall, wo es Bücher gibt. Also auch z.B. hier auf Amazon.

Und wenn du mit diesem vielleicht besten theologischen Buch durch bist. Dann empfehle ich dir natürlich gleich danach zwei weitere Bücher. Habe gehört, dass die auch ganz nice sein sollen 😉 Weitere Buchempfehlungen findest du auch hier.

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