Lesen

Yoga gehört (nicht) in die Kirche!

Es wird nicht alles christlich, nur weil wir es als Kirche anbieten. Und nicht alles, was irgendwie spirituell ist, hat etwas mit dem christlichen Glauben zu tun. Ein Plädoyer, warum Yoga (nicht) in unsere Kirchen gehört. Und die bittere Erkenntnis, dass wir als Kirche in einer spirituellen Armut leben.

Vor kurzem habe ich einen Seminartag zu Spiritualität erlebt. Spiritualität, das ist… ja, da geht es eigentlich schon los. Irgendwie ist es heute ziemlich schwer zu sagen, was Spiritualität alles ist und was nicht. Ich wäre ja schon froh, wenn wir relativ genau sagen könnten, was christliche Spiritualität eigentlich ist.

Ich glaube, die meisten verstehen unter christlicher Spiritualität, das „wie“ unseres christlichen Glaubens. „Wie“ lebe und gestalte ich diesen Glauben? Man könnte in diesem Kontext statt Spiritualität auch „Frömmigkeit“ sagen. Was ist „meine Frömmigkeit“? Oder deine?

Also: Wie lebst du deinen Glauben und wie lebe ich meinen? Und wie all die anderen? Oder auch: wie „praktizieren“ wir Christen unseren Glauben?

Weltweit: ein bunter Haufen an Glaubenspraxis

Wenn man sich das weltweit unter allen Christen anschaut, dann stellt man fest, dass wir sehr unterschiedliche Formen der Praktizierung finden. Unterschiedliche Arten, den Glauben zu leben.

Und so manches, was in Afrika, Südamerika, Asien oder auch einfach nur in einer anderen Gemeinde oder Konfession gelebt wird, scheint dem eigenen ganz schön fremd. Als ich vor kurzem in St. Petersburg die orthodoxe Kirche genauer kennenlernen durfte… da war deren Spiritualität, deren Art ihren Glauben zu praktizieren, doch durchaus fremd. Manches fand ich komisch. Manches sogar abstoßend. Und anderes wieder richtig interessant! Und vermutlich ist es andersrum ähnlich.

Wir leben in einer spirituellen Armut

Wenn wir das alles aber ein wenig runterbrechen und weggehen von der ganzen Welt, weggehen von verschiedenen Konfessionen und einfach nur bei unserer evangelisch-lutherischen Kirche in Deutschland – oder sogar in Norddeutschland bleiben – dann… möchte ich die These aufstellen, dass wir in einer spirituellen Armut leben.

Was ich damit meine?

Kurioserweise haben wir anscheinend ein absolut überweitetes Verständnis davon, was christliche Spiritualität ist (dazu kommen wir gleich noch – ich sage nur Yoga), und zugleich leben wir quasi in einer spirituellen Monokultur.

Die spirituelle Monokultur

Monokultur ist vermutlich etwas scharf. Was ich damit aber meine: Während meiner Ausbildung als Pastor habe ich mehrfach Input für „Spiritualität“ bekommen. Sie sah jedes Mal sehr ähnlich aus und hatte immer etwas mit Atemübungen zu tun. Loslassen. Zu sich finden. Ruhig werden. Sich und seinen Körper spüren.

Mein Ding ist das nicht. Deshalb ist sie nicht falsch! Aber dass neben dieser einen möglichen Form der Glaubenspraxis alle anderen irgendwie nicht so richtig vorkamen… lässt mich erahnen, wieso wir in Kirche noch immer gerne eine Mitte gestalten und zwar vorzugsweise mit Tüchern, einem Kreuz und ein paar Teelichtern. Für manche ist das schön. Naja. Für manche eben. Es ist eine Art der Glaubenspraxis.

Ein überweitetes Verständnis von christlicher Spiritualität

Dass wir spirituell nicht die Vielfalt leben, das könnte ich noch verkraften. Auf eine Art ist es ja auch nur konsequent. Das machen wir im Gottesdienst ja auch so. Und auch sonst gilt ja eher einfältiges als vielfältiges Auftreten. Aber was mich wirklich zur Rage bringt, ist, dass wir (offensichtlich) paradoxerweise zugleich ein völlig überweitetes Verständnis davon haben, was christliche Spiritualität alles sein kann.

Beispiel: Yoga. Yoga-Übungen haben erstmal nichts mit dem Christentum zu tun. So wie… z.B. auch Fußball. Beides ist per se nicht christlich oder unchristlich. Ich kann in meiner Freizeit Fußball spielen oder zum Yoga gehen – und zusätzlich Christ sein oder nicht.

Und ja, ich könnte nun einen Fußball-Treff mit oder für Christen aufmachen. Wir könnten in einer Kirche z.B. eine Fußball-Gruppe gründen. Dadurch würde der Fußball an sich aber nicht christlich werden. Wir könnten eine Andacht vor oder nach dem gemeinsamen Spielen feiern. Dann hätte der Fußball eine christliche Rahmung bekommen. Oder es ist eben einfach eine Gruppe von Christen, die Fußball spielen.

Genauso ginge es auch beim Yoga. Eine Andacht davor oder danach? Na, dann ist es doch eine prima Gemeindeveranstaltung. Oder es ist eben eine Yoga-Gruppe von Christen. Aber egal wie man es dreht und wendet: Yoga an sich wird nicht christlich. Häkeln übrigens auch nicht. Blockflöte spielen überraschenderweise auch nicht.

Und deshalb ist Yoga auch keine christliche Spiritualität. So wie Fußball, Häkeln und Blockflöte keine christliche Spiritualitäten (den Plural gibt es nicht!) sind. Und in diesem Sinne hat Yoga (als spirituelle Veranstaltung) in unseren Gemeinden erstmal nichts zu suchen.

Spiritualität vom (Holy) Spirit ableiten

Worauf ich mit all dem hinaus will? Ich möchte mich dagegen wehren, dass Yoga als christliche Spiritualität missverstanden wird. Yoga mag dir helfen, ganz zu dir zu kommen. Oder dich zu entspannen. Oder dich zu konzentrieren. Yoga mag viele schöne Effekte haben. Aber es ist keine christliche Glaubenspraxis. Es ist keine christliche Spiritualität.

Warum? Das ist jetzt nicht wissenschaftlich fundiert und steht so bestimmt nicht auf Wikipedia, aber wie wäre es, wenn wir uns Spiritualität vor allem vom „Spirit“ herleiten? Bzw. im christlichen Kontext vom „holy spirit“, also dem Heiligen Geist, also von Gott?

Dem folgend ist christliche Spiritualität für mich dann unsere christliche Glaubenspraxis, wie wir mit dem Spirit/dem Geist/Gott „in Kontakt“ kommen. Das ist für sehr viele Christen weltweit sehr verschieden. Und das wird auch für sehr viele Menschen in Deutschland verschieden sein. Und deshalb empfiehlt es sich für uns als Kirche, dass wir auch auf „spiritueller Ebene“ (also auf der Ebene der Zugänge zu Gott“ Vielfalt statt Einfalt leben).

Aber diese Vielfalt kann und darf sich nicht derartig äußern, dass plötzlich „alles“ christlich spirituell wird. Und warum nicht? Wieso darf ich das behaupten? Weil unsere möglichen Zugänge zu Gott „beschränkt“ sind. Durch wen? Durch Gott selbst.

Entscheidend ist am Ende das „Was?“ und nicht das „Wie?“

Unsere Zugänge zu Gott sind durch die Arten beschränkt, durch die Gott sich uns zeigt. Im Christendeutsch würden wir wohl „offenbart“ sagen. Und durch was hat Gott sich nun offenbart? Hier müssen wir – so denke ich – klar unterscheiden: Durch was offenbart sich Gott uns unverkennbar und durch was erst auf einer zweiten Ebene?

Eine unverkennbare Offenbarung – damit meine ich Jesus Christus, die Bibel und unsere Sakramente (also mindestens Abendmahl und Taufe). Und eine Offenbarung auf zweiter Ebene, damit meine ich z.B. die Schöpfung.

Du verstehst nur Bahnhof? Sorry, noch ein Versuch: Wenn wir jetzt zusammen in die Natur gehen und von einem gewaltigen Naturereignis völlig überwältigt werden – ist uns dann der Gott der Bibel begegnet? Ist das ein eindeutiger Zugang zu unserem christlichen Gott? Wenn wir beide uns ans Meer stellen, den Wind spüren und uns Gott nahe fühlen – ist das dann ein eindeutiger Zugang zu unserem christlichen Gott?

Jaja, die Frage ist rhetorisch. Das ist es nämlich nicht. Genau aus dieser Erfahrung speisen sich auch Zugänge zu anderen Religionen/Göttern. Vielleicht begegnet uns da ja auch Zeus. Oder der Gott des Windes oder was weiß ich. Oder gar kein Gott, sondern es ist einfach nur Wind.

Aber: sobald wir im christlichen Glauben stehen, kann die Natur für uns natürlich als ein Zeichen für oder von Gott verstanden werden. Dann stehen wir vielleicht am Meer und bestaunen Gottes Schöpfung und fühlen uns ihm nahe. Aber dann ist es eine Offenbarung sozusagen auf einer zweiten Ebene.

Ganz anders verhält es sich z.B. bei Jesus. Er weist nur auf den einen Gott. Keinen anderen. Auch die Bibel weist nur auf den einen Gott. Und niemand tauft wie wir und feiert wie wir Abendmahl.

Also: Gott ist nicht in allem. Zumindest nicht unser christlicher Gott. Er ist nicht in jedem Baum. Und er ist auch nicht „da“, wenn wir ganz bei uns sind oder unsere Mitte gefunden haben.

Gott hat sich uns in Jesus gezeigt. Er zeigt sich uns in der Bibel. Und wir erleben ihn in und durch unsere Sakramente.

Legitime Formen der christlichen Spiritualität?

Ganz schön lange Ausführungen, es tut mir leid. Ich höre auch gleich auf. Was mir wichtig ist: Wenn Spiritualität bedeutet, wie wir mit Gott in Kontakt treten, dann halte ich für legitime christliche Formen der Spiritualität, was eindeutige und unverkennbare Zugänge zu „unserem“ christlichen Gott sind.

Und Atemübungen gehören nicht dazu. Das Finden der eigenen Mitte auch nicht. Die noch so großartige Natur genauso wenig. Fußball übrigens auch nicht. Biertrinken nicht. Häkeln nicht. Und leider, leider eben auch nicht die Blockflöten.

Ja, es mag sein, dass manche Leute Bier trinken und sich Gott nahe fühlen. Aber das macht es zu keiner christlichen Spiritualität. Denn am Ende ist eben das „Was?“ doch entscheidender als das „Wie?“. Nicht die Form bestimmt, ob eine Spiritualität christlich ist, sondern der Inhalt. Und das musste ich einfach mal sagen. Es hat nur ein paar mehr Worte als sonst gebraucht.

Jetzt kommst du!

So, ich halte jetzt aber endlich meinen Mund, bzw. meine Finger still und du bist am Zug. Mein Plädoyer ist: Ich nehme eine Art spirituelle Monokultur in unserer Kirche wahr. Und deshalb: Ja, wir brauchen eine Vielfalt an spirituellen Formen in unserer Kirche! Aber das darf nicht zu einer Beliebigkeit führen. Der Inhalt bestimmt bei uns, was christlich ist. Auch bei unserer Spiritualität. Bei unseren Zugängen zu Gott, bei unserer Art, unseren Glauben zu leben.

Deine Meinung? Deine Erfahrung? Positive Beispiele? Ergänzungen, Fragen, Einwände oder weiterführende Gedanken und Ideen?

Ich bin gespannt und freue mich!

Du möchtest keinen Beitrag auf juhopma.de verpassen?
Dann schnell zum Newsletter anmelden!

Vielleicht gefällt dir auch...

Popular Articles...

24 Comments

  1. Lucia Asmussen says:

    Moin, mir fehlt oft der Raum auf Gott zu hòren und ihm darauf zu antworten. Gottesdienste lassen oft dafür wenig Raum. Wir bitten, beten an, lesen, singen, predigen…Wann lassen wir Gott zu uns sprechen und haben Raum ihm zu antworten. Ein Wagnis! Was, wenn Gott schweigt oder wir ihn nicht wahrnehmen? Auch das muss sicherlich geübt werden. LG Lucia

    1. juhopma says:

      Und wie könnte so ein Raum praktisch aussehen? Also konkret gesagt: Wie könnte ich einen Gottesdienstablauf gestalten, damit es Raum für Gott gibt?

      1. Die klassische Form der Spiritualität ist m.E. das Gebet, das eigene im Kämmerlein. Gottesdienste können Impulse setzen dafür, sie sind eher Orte der Lehre. Ausnahme Abensmahl, das man als Gottesbegegnung akzentuieren kann.
        Damit es im Kämmerlein klappt, sind Exerzitien eine Hilfe. Es schadet auch nix, sich mit Kontemplation zu beschäftigen. Letztlich- und das fehlte mir bei dir ein bisschen- geht es um Begegnung mit Christus durch den Heiligen Geist. Und um Einladung, nicht Abgrenzung.

        1. juhopma says:

          Volle Zustimmung zu deinen Sätzen! 🙂

  2. Robin Mundhenk says:

    Du schreibst kein einziges Beispiel für etwas, das du für eine spirituelle Form hältst.
    An erster Stelle gehört sicher das Gebet, aber ich frage mich, ob es überhaupt viele andere Formen gibt, oder nicht alles vom Gebet abgeleitet ist. Geistliche Musik halte ich genauso für ein Gespräch mit Gott, sei es nun Lobpreis oder eine andere Stilrichtung.
    Und gerade eine Atemübung lässt sich sich gut mit einem Gebet verbinden, anders als zum Beispiel Fußballtraining.

    Zum Anbeten anderer Götter durch das suchen Gottes in der Natur habe ich gar keine Angst, dass sich mir ein anderer Gott zeigt. Ein Gott kennzeichnet sich schließlich hauptsächlich durch die Vorstellung, die ich von ihm habe, und wenn das die Größe seiner Schöpfung ist, finde ich das gut. Wenn ich dagegen glaube, dass Zeus mir die Schönheit der Natur geschenkt hätte, dann ist das ein komischer Zwiespalt, der sich im christlichen Glauben nicht vereinbaren lässt. In heute noch praktizierten Naturreligionen mag so etwas vorkommen. Selbst dann jedoch könnte man, von einem vorher anderen Bild Gottes ausgehend, in Kombination mit den christlichen Schriften, auf das allesumfassende Wesen Gottes schließen und so einen neuen Zugang zu Gott gewinnen.

    1. juhopma says:

      Tatsächlich ist das eine spannende Frage, ob man nicht alles vom Gebet ableiten kann… darüber muss ich erstmal nachdenken!
      Hmm, Fußball könnte aber genauso wie eine Atemübung der Weg zum „frei werden des Geistes“ (oder so ähnlich sein). Also wenn ich richtig Sport gemacht habe, dann bin ich ggf. „bereiter“ für das Gebet als vorher. Und eine Atemübung ist m.E. nach nichts anderes… oder?

  3. Robin Mundhenk says:

    Wenn du meinst, dass Yoga nicht in die Kirche gehört, warum schreibst du es dann in Klammern? Tust du es, um niemanden zu verschrecken?

    1. juhopma says:

      Nein, weil ich ja der Meinung bin, dass Yoga durchaus in die Kirche gehören kann. So wie eben auch Fußball, Häkeln, Blockflöte und Co 🙂

  4. Ingrid says:

    Ich denke, es kommt drauf an, was jede(r) für sich selbst draus macht. So wie Robin gesagt hat: wenn ich in der Natur bin und Gottes Größe, Phantasie usw bewundere, dann finde ich selbst das auch spirituell. Vielleicht, weil es auch einer Art Gebet entspricht, über Ihn zu staunen und sich an Ihm zu erfreuen. Lobpreis ohne singen (und ohne Tücher). Oder auch mit. Ich jedenfalls singe am häufigsten ebendiese Lieder, wenn ich am Meer bin. Es fühlt sich für mich viel „direkter“ an, als in der Kirche, wo alle mit gesenkten Köpfen in reih und Glied sitzen.
    Wenn jemand anderes dabei an Zeus oder Pacha Mama denkt, dann ist es sicher auch spirituell, nur natürlich nicht christlich.

    Und wenn ich „Atemübungen“ mache, meditiere oder wie auch immer man das nun nennen mag, kommt man doch im besten Fall in eine innere und äußere Ruhe, die vielleicht den Dialog mit Gott erst möglich macht! Klar, wenn ich in der Meditation nur mein eigenes Ego bewundere, ist es wieder anders… (s.o. Zeus und pacha mama).

    Also mein Fazit ist, dass es drauf ankommt, was man selbst an christlicher Spiritualität raus ziehen kann… und welchen Zugang man generell zu Gott hat.

    wenn es nicht christlich ist, sollte man es aber auch meiner Meinung nach nicht so nennen 😉

    1. juhopma says:

      Also wir können uns denke ich definitiv auf den letzten Satz einigen und ich würde ein dickes „Amen“ darunter setzen 😉

  5. Ein Beitrag, der verschiedene Punkte anspricht, zu denen mir viel einfällt. Mehr, als sinnvoll in einen solchen Kommentar passt.

    Spiritualität ist etwas, das für mich in Deutschland mit der New-Age-Bewegung, Bhagwan usw. Einzug gehalten hat. Amtskirchliche Religion war Käse und langweilig, aber Spiritualität, insbesondere asiatisches Zeug war cool. Yoga, soweit man mehr darunter verstehen will als körperliche Übungen, passt auch in diese Ecke.

    Dass es auch christliche Spiritualität gibt, habe ich erst später entdeckt oder begriffen. Die evangelisch-lutherische Kirche ist in dieser Hinsicht aber auch wirklich unterbelichtet. Die katholische und die orthodoxen Kirchen haben da mehr zu bieten.

    Wenn ich mal die Momente in meinem Leben Revue passieren lasse, die ich spirituell nennen könnte, dann haben die nicht unbedingt etwas mit Religion zu tun, manche allerdings schon. Ich fühle mich nicht verpflichtet, nur das zuzulassen, was irgendwie in ein traditionelles Muster passt.

    Anders sehe ich es für Kirche als Organisation oder Institution. Ich denke, dass sich die Kirche keinen Gefallen tut, wenn sie Yoga als spirituelle Übung ins Programm nimmt. Yoga gehört in die hinduistische Ecke, also zu einer der weiter entfernten Religionen. Stattdessen sollte die christliche Kirche die eigenen spirituellen Elemente wieder entdecken. Eigen meine ich dabei ausdrücklich nicht konfessionsbezogen, sondern bezogen auf das gesamte Christentum.

    1. juhopma says:

      Danke dir!
      Und was wären aus deiner Sicht die – auf das gesamte Christentum bezogen – eigenen spirituellen Elemente, die dann wieder zu entdecken sind? Das würde mich sehr interessieren! Also… weil ich da bislang nicht so sprachfähig bin 🙁

      1. Spirituelle Kernelemente, die wir auch in der evangelischen Kirche noch haben, sind das Gebet und das Abendmahl. Die müssen wir einfach nur wieder wichtiger nehmen. Bei der Taufe geht auch noch mehr. Zumindest für die Erwachsenentaufe würde ich verstärkt Ganzkörpertaufen wie bei den Baptisten befürworten. Ändert zwar prinzipiell nichts, aber der Ton macht hier schon auch die Musik.

        Dann kann man die starken spirituellen Stellen in der Bibel mehr herausstellen, z. B. Jakobs Traum mit der Himmelsleiter, Moses‘ brennenden Dornbusch, Jesu Taufe oder das Wirken des Heiligen Geistes zu Pfingsten.

        Auch kann es lohnen, sich mit mystischen Schriften, z. B. von Symeon dem Neuen Theologen oder Meister Eckart, zu beschäftigen. Was ich da lese, passt hier und da sehr gut zu meinen (wenigen) eigenen spirituellen Erfahrungen.

        Die älteren Kirchen haben vieles zu bieten, mindestens mal Inspiration, z. B. durch das Jesusgebet der Ostkirchen oder die ignatianischen Exerzitien der katholischen Kirche.

        Und manchmal lohnt es sich auch, bei Exoten reinzuschauen. Ich erinnere mich an einen Gottesdienst der äthiopisch-orthodoxen Kirche auf einem Kirchentag in Frankfurt vor vielen Jahren. Sonnendurchflutete Kirche mit filmreifen Effekten durch verschwenderische Weihrauchschwaden (vergiss alle Grenzwerte für Luftqualität!), kraftvoll-bassiger Männerchor mit altehrwürdiger Liturgie, Kerngemeinde, die richtig mitgeht. Großartig!

        Und letzten Endes, bisher wenig so verstanden, liegt die christliche Spiritualität auch im Sozialen, Gott bzw. Christus im Nächsten sehen, und Leben in enger Gemeinschaft mit anderen Christen.

  6. Verena says:

    Ich denke auch, dass christliche Spiritualität weitaus reicher ist als deine Vikariatsleiter dies sehen! Das zeigen nicht allein o.g. Beispiele, von denen viele ihren Platz ja auch in der evangelischen Kirche finden könn(t)en. Meiner Meinung nach ist es eine Frage des Bewusstseins und der Einstellung derer die Gemeinden leiten. In der Pastoraltheologie wäre es z.B. Manfred Josuttis, der für die Aufgabe des Pfarrers (ich persönlich würde das auf die Gemeindeleiter oder die Aktiven in der Gemeinde ausweiten), durch ihre persönliche und individuelle Spiritualität andere anzusprechen und mitzunehmen auf ihrem Weg um mit Christus in Kontakt zu treten, seine Liebe zu erleben oder ihn zu feiern.

    Was deine Einschätzung zum christlichen Yoga angeht möchte ich Dich gerne korrigieren! Es gibt eine Yogapraxis, die die Bibel und christliche Spiritualität erfahrbar macht: https://www.christliches.yoga/christliches-yoga/

    1. juhopma says:

      Danke! Den Link schaue ich mir in Ruhe an!

  7. Hallo,ich weiß nicht ob das noch jemand liest, aber meine Meinung ist, dass Spiritualität nichts ist, was wir tun können.

    Spiritualität ist für mich die Ausstrahlung jedes einzelnen Christen und der Gemeinde, die aus der Erkenntnis und dem Bekenntnis entsteht, dass Jesus für mich am Kreuz gestorbem ist und meinem Wunsch Christus ähnlicher zu werden. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin oder werde hier auf Erden, aber Gott sieht mich gerecht durch Jesus Christus.
    Wenn Gottes Denken in mir wächst, strahlen wir eine Spiritualität aus, die uns und andere erstaunen lässt.

    1. juhopma says:

      Hihi, also ich lese es auf jeden Fall noch! 😉 Hmm… ich glaube, dein Verständnis von Spiritualität wäre für mich „zu wenig“, für mich gehört das eigene Handeln schon eindeutig dazu!

      1. Wenn Gottes Denken in uns wächst, werden sicher Taten daraus. Manchmal ist der Weg vom Hirn zum Herz und zurück nur sehr langsam, weil Gott uns den angehäuften Müll erst zeigen muss, bevor er weggeräumt werden kann. Doch wenn ich mich von ihm antreiben lasse, werde ich auch aus Liebe heraus schon hetzt anfangen etwas zu tun.

  8. Christiane says:

    Ein zentraler Text, um christliche Spiritualität verstehen zu können, ist für mich die Bergpredigt. Ich persönlich glaube nicht an Jesus, aber ich glaube an die Ideen und Werte, die uns in der Bergpredigt vermittelt werden, wie gutes Leben gelingen kann. Diese Werte weisen über unser aller Leben hinaus und sind und bleiben in jeglichem Miteinander gültig und erstrebenswert. Genau in diesen Werten lassen sich viele Gemeinsamkeiten mit der Theorie des Yoga erkennen. Für mich ist christliche Spiritualität allerdings eine eher praktische und weniger abgehobene Spiritualität, deren Grundlagen bedingungslose Annahme in Gemeinschaft und ein verträgliches Miteinander sind. In einer immer individualisierteren Gesellschaft, wie der unseren, ist es meiner Meinung nach wichtig, genau dies im Fokus zu haben. Und dabei geht es – weiß Gott- nicht um Atemmeditation.

  9. Unsere jeweiligen Zugänge zu Gott sind durch Gott beschränkt. Das glaube ich auch.
    Ich glaube aber auch, dass sich Gott Zugänge sucht, die wir nicht ausgrenzen können und sollten. Gott bleibt unverfügbar und gerade die Bibel gibt Zeugnis von einer großen Bandbreite der Offenbarungen eben auch in der Natur ( z.B. Elia am Horeb).
    Wenn ich nun im Fußball Christus begegnen würde, während er sich mir im Abendmahl nicht zeigt, so what?
    Das wäre dann eine unverkennbare Offenbarung für mich.
    Wozu braucht es die Grenzen? Und wenn Gott doch in allem ist? Für mich gibt es nicht den christlichen Gott. Er hat sich aber durch Christus oder für andere (Muslime, Hinduisten usw.) anders offenbart.
    Für Christen gibt es christliche Zugangswege zu ihm, die es manchen leichter machen, seine Nähe zu spüren.
    Und die sind vielfältig. Sie liegen mehr in einem Gottesdienst für die einen, in der Ruhe des Herzensgebets für die anderen und wenn es so ist, auch im Yoga, der inzwischen in unsere Kultur angekommen ist.
    Gottesdienste täten gut daran, nicht abzuarbeiten, indem eine Teil dem anderen Schlag auf Schlag folgt. Wir haben gerade „Amen“ gesagt und zack singen wir wieder und zack gehts zum Abendmahl. Pausen, Stille, Pausen! Sonst kommt das Herz und der Verstand nicht hinterher. Und ich brauche Partizipation im Gottesdienst. Solange es die one oder two man/women show bleibt berührt er mich wenig.

  10. Egal um welches Hobby es sich handelt, warum soll das nicht in die Kirche gehören. Ich denke, schlussentlich kommt das auf die Ansicht der Kirchenpflege drauf an…

    1. Da hast du mich glaube ich nicht ganz verstanden.
      Ich sage ja: „Yoga gehört (nicht) in die Kirche“. Sprich: Ja, es kann jedes Hobby in der Kirche stattfinden, aber nicht in jedem Hobby steckt christliche Spiritualität.

      Ich zitiere mich selbst:
      „Beispiel: Yoga. Yoga-Übungen haben erstmal nichts mit dem Christentum zu tun. So wie… z.B. auch Fußball. Beides ist per se nicht christlich oder unchristlich. Ich kann in meiner Freizeit Fußball spielen oder zum Yoga gehen – und zusätzlich Christ sein oder nicht.

      Und ja, ich könnte nun einen Fußball-Treff mit oder für Christen aufmachen. Wir könnten in einer Kirche z.B. eine Fußball-Gruppe gründen. Dadurch würde der Fußball an sich aber nicht christlich werden. Wir könnten eine Andacht vor oder nach dem gemeinsamen Spielen feiern. Dann hätte der Fußball eine christliche Rahmung bekommen. Oder es ist eben einfach eine Gruppe von Christen, die Fußball spielen.

      Genauso ginge es auch beim Yoga. Eine Andacht davor oder danach? Na, dann ist es doch eine prima Gemeindeveranstaltung. Oder es ist eben eine Yoga-Gruppe von Christen. Aber egal wie man es dreht und wendet: Yoga an sich wird nicht christlich. Häkeln übrigens auch nicht. Blockflöte spielen überraschenderweise auch nicht.

      Und deshalb ist Yoga auch keine christliche Spiritualität. So wie Fußball, Häkeln und Blockflöte keine christliche Spiritualitäten (den Plural gibt es nicht!) sind. Und in diesem Sinne hat Yoga (als spirituelle Veranstaltung) in unseren Gemeinden erstmal nichts zu suchen.“

      1. Wenn ich aber nun im Yoga bei verschiedenen Übungen oder auch in der Stille zu Jesus bete, könnte man es dann nicht christliches Yoga nennen?
        Was aber, wenn ich als Christin einen Yogakurs besuche, der mit dem Ommmm beginnt und endet. Bete ich dann zu einem fremden Gott? Sollte ich dann den Kurs nicht besuchen?

        1. juhopma says:

          Also ich würde sagen: auf gar keinen Fall einen Kurs nicht besuchen! Das wollte ich mit meinen Worten nicht erreichen. Ich denke: entscheidend ist, mit welcher Einstellung du den Kurs besuchst. Wenn es für dich kein Gebet ist, dann ist es auch kein Gebet für dich. Und: ich habe ja wirklich nichts dagegen, dass wir als Christen Yoga-Kurse besuchen. Wir dürfen ja auch Fußball spielen und Flöte spielen etc. Wenn ich jetzt beim Fußball zwischendrin zu Gott bete, dann würde ich es aber auch nicht christlichen Fußball nennen glaube ich… weißt du, was ich meine?

Schreibe einen Kommentar zu Thomas Jakob Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert